Am Anfang erschuf Gott nicht Himmel und Erde, wie es im ersten Satz der Bibel heißt.

Am Anfang erschuf Gott die Weisheit. Jedenfalls wartete das Buch der Sprichwörter mit dieser interessanten Erkenntnis zur Rolle der Weisheit in Gottes Plan auf, die von sich selbst sagt: „Der HERR hat mich geschaffen als Anfang seines Weges, / vor seinen Werken in der Urzeit; in frühester Zeit wurde ich gebildet, / am Anfang, beim Ursprung der Erde.“ König Salomo, der jedes dieser Sprichwörter geschrieben hatte, verfügte über eine sehr pragmatische Vorstellung davon, wie man weise wird: „Anfang der Weisheit ist: Erwirb dir Weisheit.“ Allerdings machte ihn seine Weisheit nicht gerade zu einem guten Tierforscher. Als er gegen die Faulheit wetterte, griff er jedenfalls zu diesem erstaunlichen Vergleich: „Geh zur Ameise, du Fauler, / betrachte ihr Verhalten und werde weise! Sie hat keinen Anführer, / keinen Aufseher und Herrscher und doch sorgt sie im Sommer für Futter, / sammelt sich zur Erntezeit Vorrat.“

Schon ein kurzer Blick auf eine Ameisenkolonie reicht aus, um zu bemerken, dass seine Beobachtung in jeder Hinsicht falsch ist. Aber es ging ihm ohnehin weniger um diese Insekten als um die Faulen, mit denen hatte er ein ernsthaftes Problem.. „Wie lange, du Fauler, willst du noch daliegen, / wann willst du aufstehen von deinem Schlaf?“, fragte er und schob hämisch nach, „noch ein wenig schlaf, noch ein wenig schlummern, / noch ein wenig die Arme verschränken, um auszuruhen.“ Auf Faulheit folgte seiner Meinung nach die Armut, weswegen er jeden vor dieser Charakterschwäche warnen wollte.

Zum Ehebruch gehören zwei, aber verantwortlich ist nur die Frau

Nur vor einer Sache warnte er mit noch mehr Inbrunst: vor den Frauen. An einer Stelle sprach er von einem „Mann ohne Verstand“, der auf der Straße entlanglief und dem Folgendes passierte: „Da! Eine kommt auf ihn zu, / im Kleid der Dirne mit listiger Absicht; voll Leidenschaft ist sie und unbändig.“ Salomo wusste auch zu berichten, dass sie schon eine ganze Weile in Gassen und Plätzen „lauerte“ und jetzt hatte sie eben diesen „Mann ohne Verstand“ entdeckt und „nun packt sie ihn küsst ihn“ und flüsterte ihm zu: „Ich habe Decken über mein Bett gebreitet, / bunte Tücher aus ägyptischem Leinen; ich habe mein Lager besprengt / mit Myrrhe, Aloe und Zimt. Komm, wir wollen bis zum Morgen in Liebe schwelgen, / wir wollen die Liebeslust kosten.“

Ihr Ehemann würde sie nicht stören, denn „der Mann ist nicht zu Hause / er ist auf Reisen weit fort.“ So „macht sie ihn willig mit viel Überredung, / mit schmeichelnden Lippen verführt sie ihn“, fuhr Salomo fort, der sich sehr konsequent dafür entschieden hatte, der Frau die alleinige Verantwortung für den von beiden begangenen Ehebruch zu geben. Salomo sah es so: „Sofort folgte er ihr, / wie ein Ochse, den man zum Schlachten führt, / wie ein Hirsch, den das Fangseil umschlingt, bis ein Pfeil ihm die Leber zerreißt.“ Der Mann als wehrloses Tier, dem die Frau als Pfeil (und zugleich Schütze) die Organe zerfetzt. Die Schuldfrage war für Salomo damit eindeutig geklärt. Er bezweifelte außerdem stark, dass es dem „Mann ohne Verstand“ gut erging in jener Nacht, denn das Haus der Frau „ist ein Weg zur Unterwelt, / er führt zu den Kammern des Todes.“

(Fortsetzung folgt…)