Eine noch erstaunlichere Bemerkung lässt er einige Psalmen später fallen, wo es heißt: „Gott steht auf in der Gottesversammlung, inmitten der Götter hält er Gericht.“ Der HERR als ein Gott neben anderen? Auch der Name von Psalm 82 spricht dafür, denn er lautet: „Gottes Gericht über die Götter“. Hat Gott diese anderen Götter auch erschaffen oder ihren Anteil an der Schöpfung einfach unterschlagen? Entstanden sie erst später, wanderten sie gar auf die Erde ein oder erschuf Gott sie wie einst Adam? Auf keine dieser Fragen geht der Psalm weiter ein.

Asafs Psalmen werden oft von der Sorge geleitet, dass die Israeliten womöglich die Gunst des HERRN für immer verloren haben: „Wird der Herr denn auf ewig verstoßen und niemals mehr erweisen seine Gunst? Hat seine Huld für immer ein Ende?“ Wobei es an Anlässen nicht mangelte, zu denen Gott diese Gunst entziehen könnte, wie Asaf nur zu gut weiß, und erinnert prompt an die Ereignisse nach der Eroberung des gelobten Landes: „Doch sie versuchten ihn und trotzten Gott, dem Höchsten; sie hielten sich nicht an seine Zeugnisse. Wie ihre Väter fielen sie treulos von ihm ab.“ Ja, es gibt genügend Verfehlung und doch hoffte Asaf in seinen Psalmen immer, dass es letztlich gut ausgeht zwischen Gott und seinem auserwählten Volk, denn „willst du uns nicht wieder beleben, dass dein Volk an dir sich erfreut?“

König David schreibt nicht nur selbst, sondern wird beschrieben

König David trug nur Psalm 86 bei, der sich „Hilferuf eines Armen zum barmherzigen Gott“ nannte und von einem Mann handelte, der verunsichert und verzagt war und sich von Gott antworten erhoffte, „denn du bist groß und tust Wunder, nur du bist Gott, du allein.“ Die erhofften Worte Gottes vernahm er zwar in den Strophen dieses Psalms nicht, aber schon das bloße Sprechen über den HERRN hatte ihn halbwegs beruhigt, denn „du HERR, hast mir geholfen und mich getröstet.“ Auch wenn David im dritten Buch der Psalmen nur einen Text beigesteuert hatte, ist er auf besondere Weise präsent.

Er ist nämlich nun auch Inhalt eines Psalms, in welchem Gott persönlich über seine besondere Beziehung zum dichtenden König Auskunft gibt: „Ich habe David, meinen Knecht, gefunden und ihn mit meinem heiligen Öl gesalbt“ stellte der HERR fest und setzte zu einem Lob an, das er in dieser Form womöglich über keinen anderen Menschen gefunden hat: „Ja zum Erstgeborenen mache ich ihn zum Höchsten unter den Königen der Erde. Auf ewig werde ich ihm meine Huld bewahren, mein Bund mit ihm ist verlässlich.“ Für David, dessen Liebe zu Gott auch im Buch der Psalmen eindrucksvoll belegt ist, dürfte es nichts im Leben gegeben haben, was an diese Worte herankommt.

Eine besondere Perspektive brachte der Dichter Korachiter ein, der sich in die Situation eines einsamen Menschen versetzte, der kurz vor seinem Tode stand und sich Gedanken darüber machte, wie der HERR im Jenseits eigentlich angesehen ist: „Erzählt man im Grab von deiner Huld, von deiner Treue im Totenreich? Werden deine Wunder in der Finsternis erkannt, deine Gerechtigkeit im Land des Vergessens?“ Abgeschlossen wurde das dritte Buch schließlich mit den Worten: „Gepriesen sei der HERR in Ewigkeit. Amen, ja amen.“

Gott wird in allen Büchern der Psalmen mit Inbrunst verehrt, aber in keinem so sehr wie in diesem vierten. „Wer im Schutz des Höchsten wohnt, der ruht im Schatten des Allmächtigen“ ist dabei noch ein fast unterkühlter Lobpreis. Auch Moses reihte sich nun in die Schar der Dichter ein und für jemanden, der sich selbst für sprachlich stark limitiert hielt, fand er erstaunlich starke und vor allem viele Worte.

(Fortsetzung folgt…)