Das erste Buch der Psalmen könnte ebenso gut Davids Psalmen heißen, da mindestens 38 der 41 Strophen von ihm sind, während bei den drei letzten der Verfasser nicht genannt wird. Im Wesentlich konzentrierte sich David auf drei Themenbereiche: Gott huldigen, die Gegner Gottes verurteilen und die eigene Nähe zu Gott betonen. Wobei recht früh auffiel, dass David keineswegs sein Leben lang ein unbesiegbarer König war. Ein wiederkehrendes Muster in seinen Zeilen ist die Flucht vor seinen Feinden und die Hoffnung, der HERR möge doch bitte zu seinen Gunsten eingreifen. „HERR, wie viele sind meine Bedränger, viele stehen gegen mich auf!“, heißt es dann beispielsweise und nachdem Gott ihm seine Hilfe zusicherte, verriet David triumphierend, wie rustikal diese ausfiel: „Denn all meinen Feinden hast du den Kiefer zerschmettert, hast den Frevlern die Zähne zerbrochen.“

Immer wieder schlug David sogar sehr konkrete Bestrafungen vor, wie „zerbrich den Arm des Frevlers und des Bösen, / ahnde seinen Frevel, sodass man von ihm nichts mehr findet“ und überhaupt sollte möglichst viel „gezüchtigt“, „gerächt“ und „bestraft“ werden. Trotzdem findet er in einem weiteren Psalm „ich habe mich gehütet vor den Pfaden der Gewalt“, bevor er sich endgültig als nachsichtiger Vergeber verkauft, der er über Dutzende Psalmen hinweg ganz offensichtlich nicht war: „Errege dich nicht über die Bösen, ereifere dich nicht über jene, die Schlechtes tun!“

Worin ihm aber kaum Widersprüchlichkeit vorwerfen kann, ist in Bezug auf seine Begeisterung für Gott. Die war gewaltig, überschwänglich und nie versiegend. Wenn er ausrief: „Ich will danken, HERR, aus ganzem Herzen, erzählen will ich all deine Wunder. Ich will mich an dir freuen und jauchzen, deine Namen, Höchster, will ich singen“, stimmt das auch. Er wiederholte dieses Lob mit anderen Worten immer und immer wieder. Dabei wird Gott auch regelmäßig als Felsen, als schützender Felsen oder als Fels und Festung beschrieben.

Hat Gott das Aussehen eines Nilpferds?

Allerdings bringt die Begeisterung so manch seltsamen Vergleich hervor: „Rauch stieg aus seiner Nase auf, / aus seinem Mund kam verzehrendes Feuer, glühende Kohlen sprühten vor ihm aus.“ Diese Beschreibung Gottes verstört auch deswegen etwas, weil mit fast den gleichen Worten der HERR selbst gegenüber Hiob das Nilpferd beschrieb, dem „eine Flamme aus seinem Maul hervorschlägt“. Darüber, was das womöglich über Gottes Aussehen verrät, mögen die Theologen streiten. David dichtete auch viele Zeilen zur Stimme des HERRN, welche die Zedern des Libanon zerbrochen habe, „Hirschkühe kreißen“ lasse und ganze Wälder entwurzelt. Wobei er bei aller Begeisterung auch darauf achtete, vom HERRN etwas zurückzubekommen. So rief er immer wieder dazu auf, ihn nicht zu ignorieren: „Blick doch her, gib mir Antwort, Herr, mein Gott“, dichtete er dann, oder: „Vernimm mein Bittgebet von Lippen ohne Falsch!“

Davids manisch-schwärmerische Psalmen schließen mit einem Bekenntnis zum Bund zwischen Volk und Gott: „Gepriesen sei der HERR, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen, ja amen.“ Danach folgen dreißig Psalmen, von denen weiterhin mehr als die Hälfte von David stammen, nämlich achtzehn. Allerdings kommen die Korachiter, die nicht weiter vorgestellt werden, ebenfalls auf acht, während die anderen von unbekannten Verfassern und einem Autor mit Namen Asaf stammen. Insgesamt änderten sich die Themen aber nicht grundlegend. Zumeist schwärmten die Korachiter von Gott, weil sie sich sicher fühlten, wenn er an ihrer Seite steht: „Darum fürchten wir uns nicht, wenn die Erde auch wankt. Mit uns ist der Herr der Heerscharen, der Gott Jakobs ist unsre Burg.“

Schlimm war es, wenn sich der HERR zeitweilig abwendete, weil er die Untreue und die Lasterhaftigkeit seines Volkes nicht mehr ertragen konnte: „Doch nun hast du uns verstoßen und mit Schmach bedeckt, du ziehst nicht mehr aus mit unseren Heeren. Du lässt uns vor unseren Bedrängern fliehen und die uns hassen, plünderst du aus.“ Umso größer sollte dann die Erleichterung ausfallen, wenn der HERR sich wieder zugunsten seines Volkes in den Weltenlauf einmischte. In einem der Psalmen wird verkündet, was der HERR mit besiegten Feinden getan hatte: „Sie sind in die Unterwelt gesetzt wie Schafe. / Es weidet sie der Tod.“ Wobei diese Feinde zuvor offenbar selbst grausame Verbrechen begingen, wie ein späterer Psalm zu berichten weiß: „Sie fressen mein Volk, als äßen sie Brot.“

(Fortsetzung folgt…)