Wieder machte sich ein König daran, die ganze Welt zu unterwerfen, um schließlich am eigenen Erfolg verrückt zu werden. In diesem Fall hieß der Herrscher Alexander, der „die Könige der Erde erschlagen“ ließ, alle unterworfenen Völker zu Tributzahlungen zwang und nur vom eigenen Tod aufgehalten werden konnte. Doch damit ging die Zeit der Unterdrückung nicht vorbei, sondern verschlimmerte sich unter den neuen Herrschern noch weiter. Bei ihnen handelte es sich um die wichtigsten Offiziere des Alexander, ohne die er nie „bis an das Ende der Welt“ gekommen wäre, und die nun zur Belohnung alle einen Teil des mächtigen Reichs erhielten, zu dem auch das gelobte Land gehörte.
Nach einer kurzen Aufsplitterung unter verschiedene Herrscher geriet es unter die einende Kontrolle des Antiochus, der zuvor eine Weile als Geisel in Rom zugebracht hatte, was ihn mindestens nicht milder hatte werden lassen. Er besiegte als erstes die Ägypter und damit die stärkste Regionalmacht, bevor er sein Herrschaftsgebiet auf Israel ausdehnte, dort ein Blutbad anrichtete und in Jerusalem den Tempel entweihte und plündern ließ. Etwas später richtete er ein Blutbad unter den Einwohnern an und verschleppte die meisten der Überlebenden in die Sklaverei. Nachdem er die Stadtmauer ebenso niedergerissen hatte wie die Häuser, ließ er seine Männer noch in den Trümmern und Ruinen plündern. Die Hauptstadt der Juden, die unter König David ihren Aufstieg begann und unter seinem Nachfolger Salomo schon den Gipfel ihrer Macht erreicht hatte, bevor sie von allen folgenden Königen im Wesentlichen immer weiter ruiniert wurde, diente jetzt als Residenz eines fremden Unterdrückers und seiner brutalen Krieger: „Jerusalems Einwohner flohen vor ihnen / und Fremde zogen in die Stadt ein. / Ihren angestammten Bewohnern wurde diese Stadt fremd und ihre Kinder verließen sie.“
Die Ausübung des Judentums wird mit dem Tode bestraft
Unter den Juden sorgten diese Ereignisse für Bestürzung und Trauer und bei einer Minderheit für eine radikale Reaktion. Sie sprach sich offen für einen Bruch mit Gott aus. Manchen konnte dabei die Abkehr vom Glauben nicht radikal genug sein und sie ließen „bei sich die Beschneidung rückgängig machen.“ Schon eine Beschneidung durchzuführen, war in einer Zeit ohne echte Schmerz- und Desinfektionsmittel kompliziert. Wie man einen solchen Vorgang aber wieder rückgängig machen sollte, bleibt rätselhaft und das Ergebnis dürfte in jedem Fall das Leben der Betroffenen nicht angenehmer gemacht haben. Diese Anpassungswünsche wurden maßgeblich von der Angst getrieben, vom unberechenbaren und grausamen König Antiochus verfolgt zu werden. Tatsächlich wurde die jüdische Religion auf verschiedenen Ebenen bekämpft, nicht zuletzt in ihrer bloßen Ausübung. Antiochus hatte nämlich die Vision, dass alle Völker unter seiner Herrschaft zu einem Volk werden sollen und ihre kulturellen und religiösen Eigenheiten dafür abzulegen haben. Darum gab er einen Glauben vor, den jeder zu übernehmen hatte.
Der Druck, sich anzupassen, war tatsächlich enorm. Juden durften nicht mehr in ihrer Religion unterrichtet werden, Kinder nichts über die eigene Kultur erfahren. Der ohnehin zerstörte Tempel diente als Ort des Götzendienstes, in dem unreine Tiere wie das Schwein zu opfern seien, während der Sabbat verboten wurde. Wer trotzdem weiter am alten Glauben festhielt, musste um sein Leben fürchten. Jüdische Gebetstexte wurden von königlichen Beamten gesucht, gesammelt und verbrannt. Die Besitzer dieser Schriftstücke getötet. Wie brutal gegen das Judentum vorgegangen wurde, zeigt auch die Strafe, die für die Beschneidung von Säuglingen ausgesprochen wurde. In einem solchen Fall wurde die Mutter hingerichtet, wobei man ihr das Kind um den Hals hängte, das auf diese besonders sadistische Weise stranguliert wurde.
Neben Mutter und Kind wurden auch sämtliche anderen Familienmitglieder getötet sowie jeder, der an der Beschneidung beteiligt war oder von dieser gewusst hatte, ohne sie den königlichen Beamten zu melden. Unter diesen Umständen ist es nicht mehr überraschend, dass es eine Bewegung gab, die sich mit aller Macht vom eigenen Glauben lösen wollte. Die eigentliche Überraschung ist eher, dass es nicht die Mehrheit war, die sich so entschied. Für die galt nämlich: „Dennoch blieben viele aus Israel fest und stark; sie aßen nichts, was unrein war. Lieber wollten sie sterben, als sich durch die Speisen unrein machen und den heiligen Bund entweihen. So starben sie.“
(Fortsetzung folgt…)