Wo es Widerstand gibt, gibt es auch Führer des Widerstandes. In diesem Fall entwickelte sich ein Mann mit Namen Mattatias dazu, der fünf Söhne hatte. Ihm tat vor allem weh, was die Besatzer mit Jerusalem gemacht hatten. Ihm bedeutete die Stadt nicht nur viel, weil er ein gläubiger Jude war, sondern zusätzlich, weil er dort geboren wurde. Er klagte öffentlich: „Ach, warum bin ich geboren, dass ich erleben muss,/ wie man mein Volk vernichtet / und die heilige Stadt zerstört?“ Die Antwort könnte lauten: Weil Gott wollte, dass du etwas dagegen unternimmst. Eine erste Gelegenheit bot sich dazu, als die Beamten des Königs auch in die Stadt Modein kamen, wo er wohnte und ein angesehenes Mitglied der Gemeinde war. Darum wurde er auch als erster aufgefordert, öffentlich dem alten Glauben abzuschwören und dem neuen Gott zu opfern. „Du besitzt in dieser Stadt Macht, Ansehen und Einfluss und hast die Unterstützung deiner Söhne und Verwandten. Tritt also als Erster vor und tu, was der König angeordnet hat“, erklärten sie und schoben noch nach, „dann wirst du mit deinen Söhnen zu den Freunden des Königs gehören; auch wird man dich und deine Söhne mit Silber, Gold und vielen Geschenken ehren.“

Nun wartete die versammelte Menschenmenge gespannt darauf, wie Mattatias sich entscheiden wird. Doch wer ihn kannte, wird sich schon gedacht haben, dass er keinen Moment zögern musste, bevor er mit fester Stimme entgegnete: „Auch wenn alle Völker im Bereich der Königsherrschaft dem König gehorchen und jedes von der Religion seiner Väter abfällt und sich für seine Anordnungen entscheidet – ich, meine Söhne und meine Brüder bleiben beim Bund unserer Väter.“ Das war dann wohl ein Nein und als ob es nicht schon eindeutig genug gewesen wäre, schob er noch nach: „Wir gehorchen den Befehlen des Königs nicht und wir weichen weder nach rechts noch links von unserer Religion ab.“

Zu Beginn führt Mattatias eine Rebellion an, die aus kaum mehr als ihm selbst bestand

Mattatias hatte eine furchtlose Rede gehalten, die ihn nicht nur zum Feind des Königs machte, sondern auch die anderen Juden aufrütteln sollte. Er hatte alles auf eine Karte gesetzt und im Grunde zur offenen Rebellion aufgerufen. Und wie reagierten die Anwesenden? So: „Kaum hatte er das gesagt, da trat vor aller Augen ein Jude vor und wollte auf dem Altar von Modein opfern, wie es der König angeordnet hatte.“ Das war zu viel für Mattatias. Er schlug den Mann tot und mit ihm zusammen auch gleich einen der königlichen Beamten, bevor er den Altar niederriss und so langsam begriff, dass es für ihn damit kein Zurück mehr gab. Er hatte die rote Linie zum Feind des Königs endgültig und unumkehrbar überschritten. Also tat er nach der ersten Wut etwas sehr Vernünftiges: er floh. Davor jedoch wollte er noch möglichst viele Stadtbewohner überzeugen, ihm zu folgen, weswegen er rief: „Wer zum Bund steht, der soll mir folgen!“ Offenbar folgte ihm niemand und so floh er nur mit seinen fünf Söhnen.

Doch auch in anderen Dörfern und Städten kam es zu Konflikten zwischen den königlichen Beamten und den Gläubigen. Darum zogen immer mehr Juden in Höhlen der Wüste und hofften, weit ab der Zentren in Ruhe und nach ihren Vorstellungen leben zu können. Es waren ganze Gemeinschaften, die sich auf diese Weise dem Zwang entziehen wollten, ihren Glauben zu verraten. Doch ihre Hoffnungen erfüllten sich nicht, denn königliche Truppen setzten ihnen nach, bis es zu einem denkwürdigen Zusammenstoß kam. Soldaten umzingelten eine Höhle und gaben den Eingeschlossenen eine letzte Gelegenheit, ihrer Religion zu entsagen. Als Antwort erhielten sie die nicht ganz überraschende Weigerung, das zu tun und außerdem den Hinweis, dass heute Sabbat sei und man sich darum auch keinen Kampf liefern würde. Die königlichen Soldaten sahen zumindest den Teil mit der Sabbatruhe ganz anders und griffen an. „Die Juden aber gaben keine Antwort; sie warfen nicht einmal Steine auf sie, noch versperrten sie die Eingänge der Höhlen. Denn sie sagten: Wir wollen lieber alle sterben, als schuldig werden.“ Und so starben sie alle. Etwa tausend Personen wurden bei diesem namenlosen Massaker in der Wüste ermordet.

Mattatias reagierte geschockt auf diese Nachricht und zog zugleich eine pragmatische Lehre daraus: „Wenn uns jemand am Sabbat angreift, werden wir gegen ihn kämpfen.“ Das verlieh seiner Widerstandsgruppe eine erheblich radikalere Kampfbereitschaft, auch wenn sie weiterhin mehr einer Familie aus Vater und Söhnen auf der Flucht entsprach. Das sollte sich bald ändern, denn umso brutaler König Antiochus seinen Traum von der Einheitsreligion durchsetzen wollte, umso mehr Juden schlossen sich Mattatias an. Er wurde zum Inbegriff des Widerstandes und ging selbst alles andere als zimperlich vor. Im ganzen Land wurden Opferältere zerstört und Anhänger des Königs verfolgt. Außerdem heißt es über ihn und seine Gruppe: „Alle unbeschnittenen Kinder, die sie in dem Gebiet Israels fanden, beschnitten sie gewaltsam.“ Sie nahmen damit einen Eingriff vor, auf den die Todesstrafe für die ganze Familie stand. Eltern jüdischer (männlicher) Kleinkinder waren nicht zu beneiden. Einerseits drohte ihnen der König mit der Hinrichtung, sollten sie ihr Kind beschneiden und andererseits gab es da Mattatias, der die Beschneidung auch gegen den Willen verängstigter Eltern durchführen ließ.

Ihm gelang schließlich etwas, woran fast alle Rebellen, Aufrührer und Revoluzzer scheitern: friedlich und im hohen Alter im eigenen Bett zu sterben. Dass er den Durchhaltewillen der Juden gestärkt hatte, macht auch die Reaktion auf seinen Tod deutlich: „Ganz Israel hielt eine große Totenklage um ihn.“ Der Kampf um die eigene Religion und gegen die Fremdbestimmung war also nicht vorbei. Im Gegenteil, der Aufstand sollte eigentlich erst so richtig beginnen, wofür ein fürchterliches Blutbad durch die Armee an den Besuchern eines Sabbat-Gottesdienstes den letzten Ausschlag gab. In der Bibel heißt es danach: „Judas aber, mit dem Beinamen der Makkabäer, schloss sich mit neun Gefährten zusammen und zog sich in die Berge zurück.“ Der jüdische Widerstand sollte damit in eine neue Phase eintreten.

(Fortsetzung folgt…)