Tobit war ein Mann mit Prinzipien, der es gerne genau und ordentlich hatte. Regeln waren dafür da, dass sie eingehalten werden. Kein Wunder also, dass er auch die Reise seines Sohnes Tobias auf den Tag genau geplant hatte und sich wunderte, als die Rückkehr nicht zu der Zeit erfolgte, die er vorgesehen hatte. Grund dafür war ein Ereignis, das er nicht in seine Berechnungen aufnehmen konnte, da es sich um die unerwartete Blitz-Hochzeit seines Sohnes handelte, die in der Ferne mit Feierlichkeiten von nicht weniger als zwei Wochen eingeläutet wurde.
Zwei Wochen, in denen Tobias feierte und sein Vater sich zunehmend mit dem Gedanken beschäftigen musste, dass sein einziges Kind auf der Reise gestorben ist. Tobias Mutter machte diese Vorstellung halb wahnsinnig, weswegen sie ruhelos durch die Straßen irrte und mit schwindender Hoffnung in die Ferne schaute. Es kam darüber zum Streit zwischen ihr und Tobit, da beide Eltern vor Sorgen gelähmt waren. Ein Drama, das leicht hätte verhindert werden können, wenn nur irgendwer auf der exzessiven Hochzeitsfeier auf die Idee gekommen wäre, die Eltern des Bräutigams über die Verzögerung zu informieren (und über die Hochzeit). Zumal es auch Tobias selbst bewusst gewesen, in was für eine Krise er seine Eltern durch seine Verspätung gestoßen hatte. Als er sich schließlich doch auf den Weg zu ihnen machte, merkte er recht gleichgültig an, dass seine Eltern vermutlich längst glauben würde, dass er tot sei.
Als er dann endlich bei seinen Eltern in der Tür stand, tat er das (dank der Mitgift) als reicher Mann mit einer siebenfach verwitweten Ehefrau – und weiterhin in Begleitung des geheimnisvollen Begleiters, der ihm auf der ganzen Reise nicht von der Seite gewichen war. Das Wiedersehen brachte für seinen Vater noch eine wundersame Überraschung. Tobias tropfte ihm mit der Galle des Fisches, dessen Innereien schon den Dämon von Sara genommen hatte, in die erblindeten Augen. „Dann schälte Tobias mit seinen beiden Händen die weißen Flecken aus den Augenwinkeln“ und fertig war die erste erfolgreiche Augenoperation der Bibel. Überwältigt rief Tobit aus: „Ich kann dich wieder sehen, Kind, du Licht meiner Augen!“
Die Rückkehr hielt aber noch eine andere Überraschung parat. Der Engel Rafael gab sich endlich als er selbst zu erkennen, bevor er seine Aufgabe hier für erledigt erklärte und vor den staunenden Augen von Tobit und Tobis in den Himmel aufstieg. Wobei sich Vater und Sohn beide im Nachhinein eingestehen mussten, dass es schon Hinweise darauf gegeben hatte, dass dieser geheimnisvolle Reisende kein echter Mensch gewesen war. Einen dieser Hinweise sprach der Engel auch selbst an, bevor er entschwand: „Ihr saht, dass ich nie etwas gegessen habe.“ Das sollte einem tatsächlich zu denken geben und es spricht erneut für Tobias Leichtgläubigkeit, dass es das bei ihm nicht getan hatte.
(Fortsetzung folgt…)