Wieder steht am Anfang eines israelitischen Helden ein israelitisches Vergehen. Nach einigen ruhigen Jahren, taten die Israeliten wieder, „was in den Augen des HERRN böse ist“. Darum gerieten sie unter die Fremdherrschaft der Philister, die letztlich unter der Kraft eines Mannes mit Namen Simson wortwörtlich zusammenbrach.

Bis es so weit war, vergingen aber vierzig Jahre unter Besatzung. Simson war ein Mensch, wie es ihn bis dahin nicht gegeben hatte. Gott hatte zwar Moses mit dem Stab eine besondere Gabe überlassen, doch im Falle Simsons war er selbst die Gabe. Er war praktisch unbesiegbar. Dass er von einer Frau geboren wurde, die eigentlich unfruchtbar war, spielte dafür weniger eine Rolle als die Lockenpracht auf seinem Kopf. Bei ihr handelte es sich um die Wurzel seiner Stärke.

Simson wuchs auf, wurde zum Mann und verliebte sich mehrmals unglücklich. Insgesamt sollten seine Beziehungen zu Frauen nie unter einem guten Stern stehen und schließlich auch seinen eigenen Tod zur Folge haben. Auch seine Ehe ging auf denkbar dramatische Weise zu Ende, als ein Mob seine Frau und seinen Schwiegervater verbrannte. Übrigens handelte es sich bei dieser Frau um eine Philisterin, was Simsons Eltern vor der Eheschließung irritierte, da Gott ihnen versichert hatte, ihr Sohn würde die Israeliten vor den Philistern retten – und nicht mit ihnen das Bett teilen.

Simson bindet dreihundert Schakale aneinander und macht sie zu einer lebenden Fackel

Sie hatten ihn darum noch umstimmen wollen und gefragt: „Gibt es denn unter den Töchtern deiner Stammesbrüder und in meinem ganzen Volk keine Frau, sodass du fortgehen und eine Frau von diesen unbeschnittenen Philistern heiraten musst?“ Aber es half alles nichts und Simsons heiratete eine Frau der „unbeschnittenen Philister.“ Doch schnell wurde klar, dass er und die Philister nicht sonderlich gut harmonierten. Er stellte ihnen eine Rätselfrage und als sie diese nicht lösen konnten, drängten sie seine Frau, ihm die Antwort zu entlocken.

Nach sieben Tagen, in denen sie ihm deswegen auf die Nerven ging, verriet er sie ihr und sie ging damit sogleich zu den Philistern, die daraufhin das Rätsel doch noch, nun ja, lösten. Interessant ist an diesem Ereignis aber der Preis, um den es ging. Dieser verrät viel über Simsons Charakter. Es ging um dreißig Hemden und Festgewänder und nachdem Simson zugeben musste, dass die Philister das Rätsel gelöst hatten (auch wenn die Umstände disqualifikationswürdig waren), hielt er sein Versprechen ein, indem er in eine nahegelegene Stadt ging und dort kurzerhand dreißig Männer tötete, um mit deren Hemden und Festgewändern zurückzukehren und seine Wettschuld einzulösen. So ein Typ war Simson.

Das sollte man berücksichtigen, um sich nicht über seinen nächsten Schritt zu wundern. Nachdem ihm nämlich eine Weile später den Besuch bei seiner Frau verwehrt wurde, fing er dreihundert Schakale, band ihre Schwänze zusammen und steckte in dieses wilde Getümmel Fackeln hinein, bevor er dieses groteske Geschöpft aus eintausendzweihundert Beinen in  die Felder der Philister trieb, die dabei in Flammen aufgingen. Daraufhin kam es zur schon erwähnten Verbrennung seiner Frau und seines Schwiegervaters durch die Philister.

Hätten sie gewusst, was sie damit für eine Gewaltspirale in Gang setzen, hätten sie es sich womöglich anders überlegt. Doch nun gab es kein Zurück mehr und Simson bekämpfte als Ein-Mann-Armee (von Gott jedoch mit übermenschlichen Kräften ausgestattet), die Philister. Dass er sie vor allem bekämpfte, weil sie Besatzer waren, geht aus seinen Handlungen nicht hervor. Vielmehr scheint es sich um den privaten Rachefeldzug eines Witwers zu handeln. Aus Angst vor der Gegen-Rache der Philister, lieferten die Israeliten ihn sogar aus, doch Simson befreite sich aus den Fesseln und nutzte die Gelegenheit, um allein tausend Mann zu erschlagen.

Die ehrlichste Intrigantin der Welt und ihr argloses Opfer

Doch er verliebte sich wieder und erneut sollte es nicht gut für ihn ausgehen. Wobei erstaunlich ist, dass es sich wohl erneut um keine Israelitin handelte. Für einen Mann, den Gott mit großer Kraft ausgestattet hatte, um die Besatzung abzuschütteln, durchaus bemerkenswert. Jedenfalls liebte seine neue Frau ihn nicht so sehr, wie sie ihr eigenes Volk liebte oder womöglich wurde sie auch unter Druck gesetzt.

Jedenfalls steht fest, dass sie der Armee der Philister versprach, herauszufinden, warum dieser eine Mann so unfassbar stark ist. Sie ging dabei auf die am wenigsten subtile Art vor und fragte ihn ganz direkt: „Sag mir doch, wodurch du so große Kraft besitzt und wie man dich fesseln kann, um dich niederzuzwingen.“ Offenbar verfügte Simson nicht über die beste Menschenkenntnis, denn nichts an dieser Frage schien ihn zu irritieren.

Letztlich schien er es mehr für einen Spaß zu halten, denn er nannte ihr erst drei falsche Gründe für seine Stärke, bevor er endlich mit der Wahrheit rausrückte, dass seine Kraft in seinen Haaren steckt. Also schnitt die wohl ehrlichste Intrigantin aller Zeiten ihrem Liebhaber die Haare ab und er wurde gefesselt und niedergezwungen. Die Philister nahmen ihren Gefangenen mit, dem sie ohne Not auch noch die Augen ausstachen, und führten ihn öffentlich vor.

Doch sie vergaßen offenbar, dass Haare nachwachsen können, und so nutzte der erblindete Held ein großes Fest zu Ehren der Götter der Philister, um die Säulen des Tempels umzustoßen, woraufhin das Gebäude über ihm und der gesamten Oberschicht der Philister zusammenstürzte und sie alle starben. Auf diese Weise endeten zeitgleich Simsons Leben und die Herrschaft der Philister über die Israeliten.

(Fortsetzung folgt…)