Auf dem Hügel angekommen, ließen die Römer auch eine letzte Gelegenheit verstreichen, sich gegenüber Jesus anständig zu verhalten. Sie boten ihm Wein an, der mit Galle vermischt war und darum so bitter schmeckte, dass er nur kurz davon kostete. (Wobei er durch das Kosten im Grunde seine eigene Ankündigung widerlegte, dass er nach dem Wein beim letzten Abendmahl erst wieder im Reich Gottes „von der Frucht des Weinstocks“ trinken werde).

Im Anschluss daran kreuzigten sie ihn, brachten noch die Aufschrift „Das ist Jesus, der König der Juden“ über ihm an und „verteilten seine Kleider, indem sie ein Los über sie warfen.“ Links und rechts von Jesus hingen noch zwei weitere Männer am Kreuz, bei denen es sich um Räuber handelte, deren Schuld nicht genauer benannt wird.

In den kommenden Stunden nutzten viele Menschen die Gelegenheit, Jesus zu beschimpfen und zu verhöhnen. Wobei es sicherlich nicht die edelsten Charakterzüge offenbart, einen gekreuzigten, wehrlosen und schwer verletzten Menschen noch mit Schmähungen zu überziehen. Und doch nutzten nicht nur zufällig vorbeiziehende Reisende diese Gelegenheit – offenbar lag die Kreuzigungsstätte Golgota am Rande eines beliebten Weges, da wirklich erstaunlich viele Menschen an Jesus vorbeikamen -, sondern auch die Hohepriester, Schriftgelehrten und die Ältesten. Ja, sogar die beiden ebenfalls gekreuzigten Räuber beschimpften ihn, was aus vielerlei Hinsicht vollkommen absurd ist.

Jesus ertrug die Beleidigungen und den Schmerz, bevor er nach Stunden zum Himmel schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Er würde nach Elija rufen, hieß es nun unter denen, die oft nur noch aus schierer Sensationslust geblieben waren, aber nicht aus Mitgefühl mit Jesus (zwar gab es auch diese Gruppe, aber sie hielt sich eingeschüchtert zurück). Jesus schrie ein zweites und ein drittes Mal auf, dann starb er.

Vermutlich wurde kein Tod in der Geschichte von so vielen Zeichen begleitet wie dieser. Im Tempel riss ein Vorhang entzwei und das war noch die harmloseste Folge, denn es kam auch zu Erdbeben und der Spaltung von Felsen. Gräber öffneten sich „und die Leiber vieler Heiliger wurden auferweckt“, die nach der Auferstehung Jesus drei Tage später ebenfalls ihre Ruhestätten verließen und durch Jerusalem wanderten, wo sie „vielen erschienen“. All der infernale Krach, den vor allem die spaltenden Felsen und Erdbeben verursachten, ließen auch die Legionäre zusammenzucken, die Jesus verhöhnt, geschlagen und gekreuzigt hatten.

„Wahrhaftig, Gottes Sohn war dieser“, entschieden sie nun, und vermutlich bereute es der eine oder andere jetzt, dass er ihm Dornenkronen aufgesetzt hatte und ganz generell an dessen Hinrichtung beteiligt war. Neben den Feinden Jesu, die um das Kreuz herum versammelt waren, um ihn über Stunden hinweg zu beleidigen, gab es auch Anhänger von ihm. Diese hielten sich aber in einiger Entfernung auf und es handelte sich bei ihnen um Frauen. „Zu ihnen gehörten Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.“

(Fortsetzung folgt…)