Nach dem Essen ging es in ebenso gedrückter Stimmung hinauf auf den Ölberg und Jesus breitete weiter aus, was nun in unmittelbarer Zukunft passieren wird. Wozu auch gehöre, dass seine Jünger allesamt in dieser Nacht noch Anstoß an ihm nehmen würden. Petrus widersprach am entschiedensten und bekam von Jesus nur zu hören, dass er ihn zusätzlich drei Mal verleugnen werde, bis der Hahn krähe. Daraufhin schwor Petrus bei seinem Leben, dass er das nie tun würde – was er aber besser nicht gemacht hätte.
Eine letzte Station des nächtlichen Umherstreifens stellte das Grundstück Getsemani dar, auf das er sich mit nur noch drei seiner Jünger zurückzog, zu denen Petrus und die Fischerbrüder Jakobus und Johannes gehörten. Hier überkam Jesus erstmals „Traurigkeit und Angst“ und er verriet seinen Begleitern: „Meine Seele ist zu Tode betrübt“, bevor er sich für ein Gebet von ihnen entfernte und sie bat, wach zu bleiben. Es gelang den drei Jüngern aber tatsächlich, in der kurzen Zeit des Gebets von Jesus einzuschlafen. „Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen?“, weckte er sie empört und wohl auch etwas verletzt auf. Nur um sich kurz darauf erneut zum Gebet zu entfernen. Als er wieder zu seinen drei Jüngern trat, schliefen sie schon wieder. Auch ein drittes Mal verschwand er für ein Gebet und auch ein drittes Mal fand er seine Leute bei der Rückkehr schlafend vor.
Doch jetzt waren sie nicht länger allein. Judas trat mit Bewaffneten zu ihnen und küsste Jesus, damit alle wussten, bei wem der Anwesenden es sich um ihn handelte. Wobei es vermutlich dieser dramatischen Geste nicht bedurft hätte, um herauszufinden, ob eine der drei verschlafenen Gestalten oder der eine hellwache mit der charismatischen Ausstrahlung Jesus war. Als sie ihn festnahmen, leistete er keinen Widerstand – im Gegensatz zu einem der drei Jünger, der sein Schwert zog (dass sie offenbar bewaffnet durch die Lande zogen, wurde bisher nie erwähnt und lässt ihr Auftreten schlagartig martialischer erscheinen) und damit das Ohr eines Dieners abschlug, der am wenigsten für diese Ereignisse hier konnte. Ob der nächste Hieb vielleicht dem Hohepriester gegolten hätte, werden wir nie erfahren, da es keinen zweiten Schlag mehr gab. Jesus wies seinen Jünger zurecht, dass durch das Schwert umkommt, wer zum Schwert greift, und er seine Waffe darum schleunigst zurück in die Scheide stecken soll.
„Oder glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte?“, setzte er weiter nach und klang dabei unnahbarer, als es vielleicht gemeint war.
Jesus, dessen Jünger nach der Verhaftung geflohen waren, wurde nun vor ein Gericht des Hohepriesters zitiert, wo sich die Ankläger alle Mühe gaben, ihn der Gotteslästerung zu überführen, auf die die Todesstrafe steht. Nach allerlei ebenso wüsten wie vergeblichen Versuchen bestätigte Jesus letztlich, dass er der Sohn Gottes sei. Daraufhin konnte dieser Schauprozess endlich abgeschlossen werden, wobei alle Hemmungen fielen und die Priester auf Jesus einprügelten, ihn bespuckten und ohrfeigten, ehe der so malträtierte an Pilatus überstellt wurde. Schließlich galt im Land längst römisches Recht und nicht mehr das jüdische, weswegen die Hohepriester nur darum bitten konnten, dass dieser Gefangene hingerichtet wird.
Bevor sich der Statthalter Roms in diesen Fall einmischte, geschahen zwei erwähnenswerte Dinge. Petrus wurde unabhängig voneinander von zwei Mägden als Jünger Jesu bezeichnet, was unter den geänderten Vorzeichen einen lebensgefährlichen Verdacht darstellte, den er eilig von sich wies und an dieser Haltung auch festhielt, als ihn andere Bürger ansprachen, dass auch er in ihm einen der Jünger erkennen würde. Erst als danach ein Hahn krähte, begriff Petrus, dass sich die Worte von Jesus bewahrheitet hatten und er ihn tatsächlich drei Mal verleugnet hatte. „Und er ging hinaus und weinte bitterlich“, heißt es daraufhin, wobei der emotionale Zusammenbruch eines anderen Jüngers noch viel dramatischer ausging. Judas, über dessen Motive für den Verrat nichts bekannt ist, bereute seine Tat fast sofort, gab die dreißig Silberstücke zurück und erhängte sich. Damit hatte sich zwar die Gesamtzahl der Jünger nach unten, aber dafür der Grad an Loyalität deutlich nach oben entwickelt.
(Fortsetzung folgt…)