Daniel gehörte zu den Propheten, die nicht oft, aber dafür mit den immer gleichen Visionen bedacht wurden. Ein drittes Mal überkamen sie ihn, als er am Ufer des Tigris stand und plötzlich „ein Mann in Leinen gekleidet“ vor ihm auftauchte, an dem Daniel auch ein „Gürtel aus feinstem Gold“ auffiel. Dass ihm ausgerechnet dieser Gürtel auffiel, überrascht ein wenig, denn man hätte annehmen können, dass etwas anderes seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Tatsache nämlich, dass dieser Fremde entweder grün leuchtete oder ein Mineralstein war, was nicht eindeutig geklärt werden kann, da es bei Daniel nur heißt: „Sein Körper glich einem Chrysolith.“ Hinzu kam ein hell leuchtendes Gesicht „wie ein Blitz“, in dem zwei Augen „wie brennende Fackeln“ ihren Platz hatten. Arme und Beine wiederum erinnerten an „poliertes Bronze“ und seine Stimme erstaunlicherweise an „das Getöse einer großen Menschenmenge“.

Es lässt sich festhalten, dass diese Erscheinung eine der sonderbarsten sein dürfte, die jemals einem Menschen gegenüberstand. Ein grün leuchtendes Wesen mit bronzenen Armen und Beinen und einem blitzschlaghellen Gesicht mit Fackelaugen, das aus dem Nichts auftaucht und zu allem Überfluss einen goldenen Gürtel trägt. (Oder eben ein grün leuchtender Mineralstein, was die gesamte Begegnung noch entschieden mehr ins Wunderliche verlagern würde.)

Daniel hatte zwei Männer bei sich, als ihm dieses Wesen begegnete und auch wenn sie es nicht sehen konnten, erfasste sie unwillkürlich Angst und sie rannten weg. Womöglich hatte sie aber auch einfach Daniels Verhalten in Panik versetzt, der scheinbar ohne Grund „totenbleich“ wurde und erneut eine Begegnung mit göttlichen Abgesandten nicht durchhielt, ohne „betäubt zu Boden zu fallen“. Der grünliche Bote Gottes wartete, bis Daniel sich wieder gefasst hatte und berichtete nun von finalen Schlachten, die geschlagen werden müssen. Dabei spielte er auf Ereignisse an, die schon in den beiden vorherigen Visionen offenbar wurden. So ist etwa vom „Fürst von Jawan“ die Rede, der kommen wird und bei dem es sich um den ungestümen Ziegenbock handelt, der den Widder tötet, bevor eines seiner eigenen Hörner absurde Höhen erreichen wird.

Das grün leuchtende Wesen mit dem goldenen Gürtel berichtet weiter von Reichen, die aufsteigen und zerfallen, und es ist auch die Rede vom König des Südens und des Nordens, die sich einen unerbittlichen Kampf mit wechselndem Schlachtenglück liefern und dabei viel Leid über die Welt bringen. Ergänzt werden diese Ankündigungen von Hinweisen, die ebenso kryptisch wie eigentlich überflüssig sind. So etwa in Bezug auf den Tod eines Monarchen, wo es heißt: „An seine Stelle tritt einer, der einen Steuereintreiber durch die Zierde des Reiches ziehen lässt. Doch wird er schon nach kurzer Zeit beseitigt, aber nicht öffentlich und nicht im Kampf.“

(Fortsetzung folgt….)