Weiterhin war Gott damit beschäftigt, Moses immer neue Anweisungen dafür zu geben, wie er sich das mit seinem auserwählten Volk vorstellt. Wobei er dabei auch immer wieder betonte, dass es keine Götter neben ihm geben darf, was auf eine gewisse Unsicherheit hindeutet.

Dass der HERR jeden Angriff auf seine Autorität hart bestrafen wollte, musste ein Mann erfahren, der eine jüdische Mutter und einen ägyptischen Vater hatte und sich mit einem Juden stritt und dabei Gott lästerte. Der HERR selbst sprach das Urteil: Tod durch Steinigung.

Danach stellte er klar, dass fortan mit jedem so verfahren werde, der seinen Namen „schmäht“. Da mache er auch keine Unterschiede zwischen Juden und Nichtjuden und setzte die Fremden rechtlich auf eine Stufe mit seinem auserwählten Volk, als er feststellte: „Gleiches Recht soll bei euch für den Fremden wie für den Einheimischen gelten.“ Gleichzeitig blieb sein stetiges Werben um die Gunst seines Volkes eine etwas irritierende Mischung aus Versprechungen und Drohungen.

So verkündete er, was für eine goldene Zukunft auf alle wartet, wenn „meine Gebote bewahrt und sie befolgt werden“. Für diesen Fall stellte er fruchtbare Felder und Bäume in Aussicht, ein Ende von Hunger und Durst, einen ewigen Frieden und ein Leben ohne Angst vor Überfällen durch Tiere oder Menschen. Ein verlockendes Angebot, für das die Israeliten nicht mehr tun müssten als das, wozu sie sich ohnehin schon verpflichtet hatten: den Bund mit Gott halten.

Man sollte meinen, dass dieser Ausblick schon reicht, um die Bundestreue zu sichern. Wer will schließlich nicht in einem solchen sorglosen Zustand leben können? Zumal als Mensch, der vor kurzem noch der Sklave fremder Herren war? Und doch vertraute ausgerechnet Gott selbst seinen Angeboten so wenig, dass er auch noch einen Rachekatalog für den Fall nachschob, dass die Juden sich von ihm abwenden.

Man muss sagen, dass dieser Rachekatalog ausführlicher ausfällt als die Aufzählung der schönen und guten Dinge. Er fällt sogar sehr viel ausführlicher aus und beinhaltet unter anderem die Androhung von Schwindsucht, Fieber, Blindheit, Pest, Gefangenschaft, Hunger, Atemnot, verdorrten Feldern, übermächtigen Feinden, Flucht, Verfolgungswahn, wilden Tieren, totem Vieh, dramatischen Bevölkerungsrückgang und Kannibalismus. Im Grunde würde sich der Traum vom Land, in dem Milch und Honig fließen in den Alptraum einer Wüste voller Leichen und Ruinen verwandeln.

Ein modernes Gericht würde vermutlich Zweifel anmelden, ob ein Vertrag gültig sein kann, der unter dem Eindruck unverhohlener Gewaltandrohungen geschlossen wurde. Doch es gab damals keine solchen Gerichte und der Vertrag war außerdem ein Bund und alles in allem machten sich die Israeliten so langsam daran, den Weg in das Land fortzusetzen, für das sie aus Ägypten geflohen waren.

Fortsetzung folgt…