Erneut träumte der König etwas, wobei er dieses Mal ein Einsehen mit seinen Beratern hatte und ihnen erzählte, was er genau geträumt hatte. Trotzdem wusste keiner Rat. Zu ihrem Glück hatte der Herrscher aber auch davon Abstand genommen, jeden töten zu wollen, der ihn enttäuscht hat. Darum lebten die Zeichendeuter, Wahrsager und Schicksalsdeuter weiter und konnten nun beobachten, wie der König sich an Daniel wendete. „Von dir weiß ich, dass der Geist der heiligen Götter in dir ist“, fing er an und Daniel unterließ es, darauf hinzuweisen, dass von Göttern im Plural nicht die Rede sein konnte.

Stattdessen hörte er zu, was den König im Schlaf so beschäftigt hatte. Es ging um einen Baum „in der Mitte der Erde“, der immer größer wurde und immer weiter in die Höhe wuchs. Schließlich reichte er bis zum Himmel und konnte von jedem Ort der Erde aus gesehen werden. Der Baum ernährte jeden Menschen und jedes Tier und auch wenn er vermutlich die Sicht hinauf zur Sonne stark behinderte, wirkte der Traum bis zu diesem Moment recht harmlos.

Doch nun „stieg ein Wächter, ein Heiliger vom Himmel herab“ und befahl, dass der gigantische Baum zu fällen sei, was dann auch geschah. „Aber lasst den Wurzelstock in der Erde, im Gras des Feldes, mit einer Fessel aus Eisen und Bronze“, fuhr der himmlische Baumfäller fort, bevor er den entscheidenden und sonderbarsten Satz des ganzen Traums sprach: „Sein Menschenherz sollen sie verwandeln und das Herz eines Tieres soll ihm gegeben werden und sieben Zeiten sollen über ihn dahingehen.“

Nachdem Nebukadnezzar mit seinen Beschreibungen fertig war, forderte er Daniel auf, das Gehörte zu deuten. Daniel wusste durchaus, wie er es interpretieren musste, doch er wusste auch, dass er den mächtigsten Herrscher der Welt vor sich hatte, der zwischendurch seine drei Freunde in einen Feuerofen geworfen hatte und auch sonst nicht zimperlich mit denen umging, die seinen Zorn erregten. Und dass ihm nicht gefallen würde, was Daniel zu sagen hatte, stand fest.

(Fortsetzung folgt…)