Ezechiels Zeit als Prophet endet so, wie sie begonnen hatte: mit einer Vision. In diesem Fall wurde er erneut vom fernen Exil ins „neue Israel“ überführt, wo er auf einem Berg auf einen Mann traf, der aussah, „als sei er aus Bronze“. Außerdem trug er eine Schnur und eine Messlatte in der Hand und konnte sie auch gut gebrauchen, da er nun anfing, den Tempel Gottes auszumessen.

Er maß alles genau nach, damit Ezechiel es sich merkt und dieses Wissen dem Volk weitergibt. Er maß die Dicke der Mauern, die Schwellen der Tore, die Vorhalle, die Torkammern, Pfeiler, Schranken, Torhäuser, Fenster, den Hof, den Altar, die Tempelhalle. Er maß das gesamte Tempelgebäude, seinen Anbau und den eingefriedeten Platz. Er maß Abstände wie den „von der Vorderseite des unteren Tores bis vor die äußere Vorderseite des inneren Hofes“ und beschrieb die Verzierungen auf den Wänden, bei denen es sich zumeist um Kerubim handelte, die je ein Menschen- und ein Löwengesicht hatten.

Während Ezechiel mit dem Mann „aus Bronze“ so durch die Vision des künftigen Tempels ging, erschien aus dem Tor gen Osten „die Herrlichkeit Gottes“, der zum wiederholten Male ein Rauschen wie das „Rauschen gewaltiger Wassermassen“ nachgesagt wurde. Der Prophet fiel bei diesem Anblick nieder, während „die Herrlichkeit des HERRN den Tempel erfüllte“ und er mitteilte: „Hier will ich für immer unter den Israeliten wohnen.“

Neben den genauen Maßeinheiten für Bau und Einrichtung des Tempels, folgten noch Anweisungen für den Umgang mit Opfertieren, die allesamt „ohne Fehler“ sein müssen, sowie der korrekten Kleidung jener, die im Heiligtum Dienst tun dürfen. Zu der gehörte, dass die Männer unter anderem „nichts Wollendes“ tragen dürfen und sich nicht auf eine Weise gürten sollen, „dass man schwitzt“. Außerdem ist es ihnen verboten, „verstoßene Frauen“ zu heiraten und Witwen nur, wenn diese zuvor selbst mit einem Priester verheiratet waren.

Nicht zuletzt steht eine historische Wachablösung innerhalb der Priesterschaft an. Bisher waren alle Leviten dazu berechtigt, den höchsten Dienst im Heiligtum auszuüben. Da sie sich aber zwischenzeitlich des Götzendienstes schuldig gemacht hatten, degradierte sie der HERR nun zu Wächtern und Tempeldienern und ließ nur noch die Nachkommen des (natürlich auch levitischen) Priesters Zadok auf dem Altar Gottes opfern. Zadok war einst ein enger Freund König Davids gewesen und salbte dessen Sohn Salomo zum Nachfolger, als es kurzzeitig einen Konkurrenten um den Thron gab, dem dadurch die Legitimität entzogen wurde.

Weiter ging die Vision mit Hinweisen auf Feiertage, die einzuhalten sind und um das Osttor des Heiligtums, das immer geschlossen bleiben muss, denn „der HERR, der Gott Israels, ist durch dieses Tor eingezogen; deshalb bleibt es geschlossen.“ Es wurde eine Tempelquelle erwähnt, die sich auf dem Weg zum Meer zu einem Fluss entwickelt, der reichlich Fische enthalten wird und schließlich erfolgte eine Verteilung des Landes an die zwölf Stämme. Wie wichtig diese Stämme für die Vision eines neuen Israels sind, wird auch mit Blick auf die Stadttore Jerusalems deutlich. Gottes Plan sieht zwölf Tore vor, von denen jedes nach einem der Stämme benannt ist. Und mit dem Hinweis auf ein Dutzend Tore und ihre Namen geht diese letzte Vision Ezechiels damit zu Ende, dass ihm verraten wird, wie diese Stadt künftig heißen soll: „Hier ist der Herr“.

Wie es mit Ezechiel weiterging, wo und wann er gestorben ist und ob das Volk im Exil seinen Prophezeiungen mit Interesse oder Verachtung folgte, bleibt demnach unklar. Fest steht nur, dass ihn Gott erstaunlich oft in Form von Visionen in seine Pläne eingeweiht hatte. Er war vermutlich auch der einzige Prophet, dessen Ehefrau Gott sterben ließ, um damit (erfolglos) die Gottesfurcht des Volkes zu steigern. Von daher ist Ezechiels Leben im Guten wie im Schlechten mit dem HERRN verbunden, dem er diente und an dem er offenbar auch dann nicht zweifelte, als er ihm die Frau genommen hatte.

(Fortsetzung folgt…)