Alles muss anders werden. Gott weist darauf hin, dass sein Volk weder nach den Regeln Ägyptens leben soll, von denen es nach über vierhundert Jahren vermutlich einen Großteil übernommen hatte, noch nach denen der Völker in Kanaan, wohin die Reise gerade führt. Stattdessen soll es sich an dem orientieren, was Gott sich gerade ausgedacht hat.

Bei diesen Regeln geht zu einem nicht unerheblichen Teil darum, wer wenn alles nicht nackt sehen und mit wem nicht schlafen darf. Es werden die verschiedensten Konstellationen aufgezählt, bei denen Väter, Mütter, Schwestern und Tanten nicht unbekleidet gesehen werden dürfen. Außerdem darf man mit Frauen nicht schlafen, wenn sie ihre Tage haben, und mit der „Frau deines Mitbürgers“ auch sonst nicht.

Insgesamt scheinen die Zeiten ohnehin vorbei zu sein, in denen Gott noch über so manche sexuelle Eigenheit hinwegsah. Lot jedenfalls, der vor langer Zeit mit seinen beiden Töchtern aus dem Inferno gerettet wurde, in dem Sodom und Gomorra untergingen, würde nach diesen neuen Regeln den Tod verdienen. Oder mindestens seine Töchter, die ihn nicht nur nackt sahen, sondern auch wehrlos machten und missbrauchten, um auf diese Weise schwanger zu werden.

Gottes neue Strenge sieht nämlich keine nachlässigen Ermahnungen für jene vor, die seine Regeln verletzen, sondern in den meisten Fällen den Tod. In manchen auch nur Kinderlosigkeit, aber zumeist doch den Tod. Ehebrecher haben ihn verdient und Männer, die mit der (oder einer) Frau ihres Vaters schlafen ebenso.

Wenn jemand sowohl Mutter als auch Tochter zur Frau nimmt, werden alle drei verbrannt und wer Sex mit einem Tier hat, muss ebenfalls sterben. Übrigens auch das Tier, das nun wirklich nichts für diese besondere Konstellation konnte. Sex zwischen Männern gilt als todeswürdig und jede Form von Inzest. Wenn eine Frau während ihrer Monatsblutung Sex hat, müssen sie und ihr Partner sterben. Das wirkt auf jeden Fall unverhältnismäßig, zumal man gleichzeitig mit seiner Tante oder der Frau seines Bruders schlafen kann, ohne getötet zu werden. Die Strafe in diesem Fall ist „nur“ Kinderlosigkeit.

Neben dieser neuen und schnell tödlichen Sexualmoral verbreitet Gott noch eine Reihe weiterer Anmerkungen. Darunter auch sehr soziale Appelle, wie die Rücksicht auf Taube und Blinde, den Respekt vor älteren Menschen und die Liebe zu Fremden. Begründet wird all das wieder einmal mit dem Hinweis, „ihr seid selbst fremd in Ägypten gewesen.“ Wobei man aus den Jahren in Ägypten auch einen ganz anderen Schluss ziehen könnte, nämlich den, Fremden zu misstrauen. Schließlich stehlen sie dir am Ende dein Gold, was die Israeliten nur zu gut wissen dürften, da sie es selbst taten, als sie Ägypten verließen.

Gott macht sich auch Gedanken über die Früchte der Bäume und wählt dabei einen etwas verstörenden Vergleich: „Wenn ihr in das Land kommt und einen Fruchtbaum pflanzt, sollt ihr seine Früchte behandeln, als ob sie seine Vorhaut wären.“ Auch seine Erläuterungen bringen keine Klarheit in dieses Bild: „Drei Jahre lang sollen sie für euch etwas Unbeschnittenes sein. Sie sind nicht zum Essen bestimmt. Im vierten Jahr sollen alle Früchte als Festgabe für den HERRN geheiligt sein. Erst im fünften Jahr dürft ihr die Früchte essen und den Ertrag für euch ernten.“ Das ist alles nachvollziehbar, aber was das mit der Vorhaut zu tun hat, bleibt schleierhaft.

Eindeutiger ist da schon die Aufforderung, den Bart nicht zu stutzen und die eigene Tochter nicht zur Prostituierten zu machen. Im Wesentlichen hatte Gott nun aus Sex und Intimität eine potenziell tödliche Gefahr gemacht und schloss dann scheinbar versöhnlich mit: „Seid mir geheiligt, denn ich, der HERR, bin heilig und ich habe euch von all diesen Völkern unterschieden, damit ihr mir gehört.“ Und dann scheint ihm noch etwas eingefallen zu sein und er schiebt ohne Kontext nach, dass man Wahrsager steinigen muss.

Fortsetzung folgt…