Um in all der Zeit nicht zu verhungern, hatte Ezechiel genaue Anweisungen des HERRN bekommen, was er dabei zu sich nehmen soll – Brot – und wie er es zubereiten soll. Wobei er für den letzteren Fall einen Vorschlag einbrachte, der von Gott akzeptiert wird, weswegen er sein Essen nicht „auf Menschenkot backen“ musste. Sie einigten sich darauf, dass Rindermist genügt, auch wenn nicht klar wurde, warum es nicht einfach ganz ohne Fäkalien gehen würde. Bald danach erschien ihm in einer Vision dann erneut jenes Wesen mit dem Feuer anstelle eines Unterleibs, das ihn vom Ziegelstein mit der Aufschrift Jerusalem auf schwebende Weise in das echte Jerusalem brachte, wo er Gott sah, der ihn auf eine Führung der besonderen Art mitnahm. Dabei wurden ihm in und um den Tempel eine Reihe von Gräueltaten der Juden gegen ihren Gott gezeigt, wobei nach jedem der Hinweis folgte: „Du wirst noch größere Gräueltaten sehen.“
Dazu gehörte das Aufstellen von Bildsäulen, obwohl der HERR so etwas streng verboten hatte, außerdem eingeritzte Götter in den Wänden sowie Frauen, die Aufgaben übernahmen, die eigentlich den Männern vorbehalten waren. Nicht zuletzt wurde er auch Zeuge davon, wie vermeintlich Gläubige mit dem Rücken zum Tempel hin „die Sonne“ anbeteten. Von all diesen Personen, die den Glauben missachtet hatten, hatte Gott sich abgewendet: „Selbst wenn sie mir laut in die Ohren schreien, ich werde sie nicht hören“, erklärte er Ezechiel, dem er dabei passenderweise „laut in die Ohren schrie“, wie der Prophet notierte. Nun wurden sie in der Vision Zeugen des Strafgerichts über die Stadt, das sich in Form von sechs Männern zeigte.
Fünf von ihnen trugen ein „Werkzeug zum Zertrümmern“ in ihren Händen, bei dem es sich vermutlich um einen Hammer handelte, während einer Schreibzeug mit sich führte. Ihm kam die Aufgabe zu, durch die Straßen zu laufen und jeden Menschen mit dem Schriftzug „Taw“ zu markieren, der unter der Gottlosigkeit leidet. Wobei er damit indirekt das Todesurteil über jeden aussprach, den er nicht mit diesem rettenden Wort bedachte. Nach ihm machten sich nämlich die fünf anderen Männer auf den gleichen Weg und hatten von Gott einen grausam einfachen Auftrag erhalten: „Geht hinter ihm her durch die Stadt und schlagt zu! Eure Augen sollen kein Mitleid zeigen, gewährt keine Schonung! Alt und Jung, Mädchen, Kinder und Frauen sollt ihr erschlagen und umbringen. Doch von denen, die das Taw auf der Stirn haben, dürft ihr keinen anrühren.“
Sie schwingen eine Weile lang ihre Hämmer und schnell ähneln der Tempel und die Straßen der Stadt einem Schlachtfeld, bis Ezechiel endlich begreift, dass offenbar kein Mensch das rettende „Taw“ auf die Stirn gesetzt bekam und darum jeder Einzelne erschlagen wird. „Und es geschah, während sie zuschlugen, ich allein aber übrig blieb, da fiel ich nieder auf mein Gesicht“, beschreibt der Prophet seinen Versuch, Gott von seinem blutigen Werk abzubringen. Er fragt ihn, ob er wirklich „den gesamten Rest Israels vernichten will“ und bekam eine entmutigend eindeutige Antwort: „Ja“. Beziehungsweise: „kein Mitleid kennt mein Auge und keine Schonung übe ich.“
Schließlich tritt der Mann mit dem Schreibwerkzeug zu ihnen und erklärt in ruhigem Ton: „Ich habe getan, wie du mir befohlen hast“ und scheint selbst nicht weiter darüber enttäuscht oder auch nur überrascht, dass er nicht einen Menschen retten konnte. Offenbar hatte er schon zuvor eine Ahnung davon gehabt, dass in dieser Stadt wenig geschehen war, das ein Taw rechtfertigte.
(Fortsetzung folgt…)