Spätestens seitdem Jesaja nackt predigte, hat es Tradition, dass die Propheten durch ein wunderliches Auftreten auffallen. Ezechiel hatte darin auch schon Erfahrungen gesammelt und setzte diese nun fort, indem er die Notlage Jerusalems mithilfe eines Lehmziegels betonen wollte. Auf den Ziegel schrieb er Jerusalem und wurde daraufhin von Gott aufgefordert, um diesen Ziegel herum einen Belagerungswall. und einen Damm aufzubauen sowie ein Truppenlager und Sturmböcke. Für Zuschauer dürfte diese Form der Warnungen im Puppenhaus-Stil etwas verstörend gewirkt haben. Zumal er zusätzlich eine „Eisenplatte“ zwischen sich und die Stadt stellen sollte, was womöglich nicht mal Ezechiel selbst von seinem symbolischen Gehalt her verstand.
Wer schon diese Darstellung nicht verstand, dürfte auch von seiner nächsten Einlage mehr irritiert als aufgeklärt worden sein. Er legte sich auf „seine linke Seite“ und verharrte in dieser Position. Das sollte für die Schuld stehen, die Israel auf sich geladen hat. Wobei der bemerkenswerteste Teil darin bestand, dass Ezechiel nicht einfach ein paar Minuten, eine Stunde oder vielleicht einen Tag so da lag, sondern 390 Tage am Stück. Als diese Zeit, die mehr als ein Jahr umfasste, vorbei war, schlug ihm Gott nicht etwa vor, sich mal zu schütteln und vorsichtig aufzustehen, sondern meinte nur knapp: „Leg dich nun auf die andere, deine rechte Seite“, denn nach der Schuld des Königreichs Israel folgte direkt die des Königreichs Juda.
Zu Ezechiels Glück hatte dieses sich weniger stark versündigt, weswegen er in diesem Fall nur 40 weitere Tage liegen musste. Danach hatte er diese Demonstration mit schwerwiegenden Worten gegen Jerusalem zu beenden, wobei er offenbar auf den Lehmziegel einredete, auf dem der Name der Stadt stand: „Siehe, ich lege dir Stricke an, sodass du dich nicht von einer Seite auf die andere drehen kannst, so lange, bis du die Tage deiner Belagerung beendet hast.“ Um diesen einen Satz zu sagen, hatte er 430 Tage in liegender Position verbracht und sich nur einmal von der einen auf die andere Seite gedreht. Vermutlich hätte es effektivere Arten gegeben, um diese Drohung auszusprechen, auch in Bezug auf den dafür nötigen Zeitaufwand.
(Fortsetzung folgt…)