Während die anderen Königreiche mehr oder weniger zügig abgearbeitet wurde, nimmt Babel ein ganzes Kapitel für sich allein ein. Gott lässt nämlich auch dieses Reich vergehen, wobei er dabei nichts dem Zufall überlassen will und neben einer Armee „aus dem Norden“ auch mit Überschwemmungen und Wüsten droht, was zum Teil zu solchen Prophezeiungen führt: „Das Meer überflutet Babel, / von seinen tosenden Wogen wird es bedeckt. Seine Städte werden zu Wüsten, / ein Land der Dürre und Steppe.“ Wie Babel zugleich eine Wüste und überflutet sein kann, ist zwar nicht ganz leicht zu verstehen, aber in der Folge davon wird „niemand mehr darin wohnen“ – und darum geht es dem HERRN ja letztlich.

Wobei seine Begründung für die Vernichtung Babels Raum für moralische Debatten lässt. Schließlich hatte Gott selbst Nebukadnezar als seinen Knecht bezeichnet und ihm aktiv bei der Eroberung Jerusalems zur Seite gestanden. Tatsächlich stellt der HERR selbst klar: „Ein Hammer warst du mir, Waffe für den Krieg. / Mit dir zerschlug ich Völker, / mit dir vernichtete ich Königreiche/, mit dir zerschlug ich Mann und Frau, / mit dir zerschlug ich Greis und Kind, / mit dir zerschlug ich Knabe und Mädchen.“ Babel diente also nur als Werkzeug Gottes, um all die Grausamkeiten zu begehen, die begangen wurden. Ohne ihn hätte es also diese babylonischen Belagerungen, Verwüstungen und Massaker nicht gegeben. Sie waren sein Plan, nicht ihrer. Gott bestraft Babel also dafür, dass es tat, was er wollte, als er es zur Bestrafung eines Volkes einsetzte, das nicht tat, was er wollte.

Vor diesem Hintergrund klingen die letzten Worte der Prophezeiung ungewollt zweideutig: „So mühen sich Völker für nichts, / Nationen plagen sich ab für das Feuer.“

Übrigens wurden diese Untergangsworte auch in Babel selbst verlesen, und zwar von einem Mann, der von Jeremia angewiesen wurde, die Buchrolle danach mit einem Stein zu beschweren und in den Euphrat zu werfen. Während sie versank, sollte er rufen: „So soll Babel versinken und nicht wieder hochkommen, wegen des Unheils, das ich über die Stadt bringe.“ Dem dramatischen Auftritt blieb Jeremias also sein Leben lang treu, selbst dann, wenn er ihn nur in Auftrag gab und nicht selbst im Mittelpunkt stand.

(Fortsetzung folgt…)