Jeremia selbst wurde bald darauf verhaftet. Als er das belagerte Jerusalem verlassen wollte, um mit Verwandten in einem anderen Teil des Landes ein Erbe aufzuteilen, wurde er am Tor von einem Wächter aufgehalten. Der schwerwiegende Vorwurf lautete, dass er zum Feind vor der Stadt überlaufen wollte. „Das ist nicht wahr“, entgegnete Jeremia, konnte damit aber seinen misstrauischen Gegenüber nicht überzeugen, der aus guten Gründen von der Richtigkeit seiner Vermutung ausging.
Schließlich war es Jeremia selbst, der jede Gelegenheit nutzte, um das Volk dazu aufzurufen, überzulaufen: „So spricht der HERR“, rief er dabei, „wer in dieser Stadt bleibt, der stirbt durch Schwert, Hunger und Pest. Wer aber zu den Chaldäern hinausgeht, der wird überleben.“ Die Wache ging also davon aus, dass auch Jeremia selbst ein Interesse am Überleben und somit ein Motiv hatte. Wer könnte es ihm auch verdenken? Der Prophet wurde darum mehreren Beamten vorgeführt, die wegen seiner Weissagungen ohnehin einen Hass auf ihn hatten und die Gelegenheit nutzten, um ihn zu schlagen, bevor er in ein Gewölbe geworfen wurde, wo er „lange Zeit gefangen blieb.“
Irgendwann ließ König Zidkija ihn heimlich zu sich in den Palast rufen, um sich zu erkundigen, ob es womöglich neue „Worte des HERRN“ zur aktuellen Lage geben würde. Die gab es tatsächlich und Jeremia kam dabei schnell auf den Punkt: „Du wirst in die Hand des Königs von Babel ausgeliefert werden!“ Direkt danach nutzte Jeremia den günstigen Moment, um etwas Grundsätzliches zu fragen: „Welches Verbrechen habe ich an dir, an deinen Dienern und an diesem Volk begangen, dass ihr mich ins Gefängnis geworfen habt?“ Zwar ließ ihn der Monarch nicht frei, aber er stimmte immerhin zu, seine Haftbedingungen zu verbessern, weswegen er nicht mehr ins dunkle Gewölbe musste, sondern im Hof des Palastes bewacht wurde. Dort nun, wo er wieder Kontakt zum Volk hatte, nahm er seine warnenden Predigten wieder auf und erklärte jedem in Hörweite: „Diese Stadt wird ganz sicher dem Heer des Königs von Babel in die Hand gegeben werden und er wird sie erobern.“
Ein König, der sich immer der Meinung seines jeweiligen Gegenübers anpasst
Als die Beamten das hörten, eilten sie zum König und teilten ihm ihre berechtigten Sorgen mit: „Er lähmt die Hände der Krieger die in dieser Stadt übrig sind und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Dieser Mann sucht nicht Hei für dieses Volk, sondern Unheil!“ Entsprechend radikal klang dann auch ihr Lösungsvorschlag: „Dieser Mann muss getötet werden.“ Der König schien etwas ratlos und gab den Beamten darum freie Hand für alle ihre Pläne: „Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch.“ Daraufhin packten sie Jeremia und seilten ihn in eine Zisterne hinunter, in der es kein Wasser gab, sondern nur Schlamm.
Und in diesem versank er nun und wäre dort sicherlich gestorben, wenn nicht ein Mann mit Namen Ebed-Melech alles beobachtet hätte, um nun ebenfalls zum König zu eilen und sich für die Rettung des Propheten stark zu machen. König Zidkija schien nicht gerade ein Mann von großer Autorität und festen Überzeugungen zu sein, denn er gab offenbar immer der Person recht, die als letzte mit ihm gesprochen hatte. Als Jeremia aus dem Gewölbe in den Hof verlegt werden wollte, bekam er seinen Wunsch erfüllt, als die Beamten ihn töten wollten, nickte er es ab und als ihn nun jemand retten möchte, ist ihm das auch recht.
(Fortsetzung folgt…)