Während Nebukadnezzar Jerusalem belagerte, befand sich Jeremia gerade in Haft. Der judäische König Zidkijas hatte ihn einsperren lassen, weil er predigte: „Siehe, ich gebe diese Stadt in die Hand des Königs von Babel und er wird sie erobern.“ Wobei es für diese Einschätzung keinen göttlichen Hinweis gebraucht hätte, da ein Blick von den Zinnen der Stadt hinunter auf die feindliche Armee ausreichte, um zu sehen, was hier passierte. Dass Jeremia trotzdem bestraft wurde, zeigt vor allem, dass auch Zidkijas sich der Ausweglosigkeit der Lage bewusst war und darum besonders empfindlich reagierte.

Dass Jeremia speziell ihm auch noch ein besonders trostloses Schicksal weissagte, dürfte die Situation auch nicht gerade entspannt haben. Wobei der HERR selbst nach Jeremias Worten noch nachschob: „Diese Stadt hat seit ihrer Gründung bis zum heutigen Tag meinen Zorn und meinen Grimm erregt.“ Damit gab es für die Belagerten auch keinen Grund zur Hoffnung, dass Gott sie vor „Schwert, Hunger und Pest“ retten wird, die durch die Eroberer über Jerusalem kommen würden.

Während aber gewöhnliche Sterbliche um ihr eines kurzes Leben bangten, gingen die Gedanken Gottes schon weit in die Zukunft hinaus. Er würde das Volk nun zwar bestrafen und die Überlebenden in fremde Länder vertreiben lassen, doch all das würde letztlich nur einer Erneuerung des Bundes dienen. „Siehe, ich sammle sie aus allen Ländern, wohin ich sie in meinem Zorn und meinem Grimm versprengt habe. Ich bringe sie wieder zurück an diesen Ort und lasse sie in Sicherheit wohnen.“ Seine Hoffnung dabei war, dass sie dann wieder so „unmessbar wie das Sand des Meeres“ sein werden. Wobei er eine erneute Krise im Verhältnis zu seinem auserwählten Volk dadurch verhindern will, dass er künftig für mehr Disziplin sorgt: „Ich lege ihnen die Furcht vor mir ins Herzen, damit sie nicht von mir weichen.“

Zwar entspricht es nicht den modernen pädagogischen Überzeugungen, dass Führungsstärke durch das Erzeugen von Angst oder Furcht zu erreichen ist, aber offenbar ging Gott davon aus, bisher zu sehr auf die freiwillige Mitarbeit der Israeliten gesetzt zu haben. Bei der nun erfolgten Anpassung wollte er diesen Aspekt korrigieren und mehr nach dem Motto vorgehen: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Wobei er dem Volk auch eine Möglichkeit lässt, den Bund einseitig zu brechen: Es müsste dafür nur in der Lage sein, den Wechsel von Tag und Nacht zu verhindern, wie er ankündigt. Wer das schaffen sollte, bräuchte vermutlich wirklich keinen Bund mehr mit einem Gott, der eben dadurch seiner Allmacht beraubt wurde.

(Fortsetzung folgt…)