Doch in Jerusalem konnte sich König Hiskija kaum über diesen unerwarteten Sieg freuen, zu dem seine Israeliten praktisch nichts und ein Engel Gottes alles beigetragen hatte. Denn er lag unerwartet im Sterben, wie ihm Jesaja mit der für diese Zeit üblichen Rohheit mitteilte: „Bestellt dein Haus, denn du wirst sterben und nicht am Leben bleiben.“ Man kann für Hiskija nur hoffen, dass der Prophet zumindest Kleider am Leib trug, um dem Moment nicht jede Würde zu nehmen. Doch auch das ist nicht sicher bei jemandem, der bei seinen öffentlichen Auftritten jahrelang auf jedes noch so kleine Stückchen Stoff verzichtete. Es folgte nun jedoch eine erstaunliche Wendung der Geschichte.
Nachdem der König über sein Schicksal in Tränen ausbrach, rührte das Gott so sehr, dass er die tödliche Krankheit von ihm nahm und ihm großzügig verkündete: „Siehe, ich füge deinen Tagen noch fünfzehn Jahre hinzu.“ Warum es genau fünfzehn waren und nicht zehn oder achtzehn und ob er mit noch mehr Tränen noch mehr Jahre geschenkt bekommen hätte, weiß niemand. Auf jeden Fall aber wurde König Hiskijas damit zum einzigen Menschen, der auf den Tag genau wusste, wie viel Zeit ihm noch bleibt – wobei ihm sicherlich in diesen Jahren auch der Gedanke gekommen sein wird, es am letzten Tag der fünfzehn Jahre erneut mit Tränen zu probieren. (Sollte er es tatsächlich versucht haben, hatte er jedenfalls keinen Erfolg.)
Hiskija leistete sich in seiner Amtsführung eine gefährliche Naivität gegenüber fremden Herrschern. So ließ er den König von Babel alle Schätze Jerusalems bestaunen, bei denen es sich tatsächlich um eine beträchtliche Sammlung handelte. Jesaja prophezeite ihm daraufhin: „Siehe, Tage kommen, da wird alles, was in deinem Hause ist, alles, was deine Väter bis zum heutigen Tag angesammelt haben, nach Babel getragen werden. Übrig bleiben wird nichts, hat der HERR gesprochen. Und von deinen Söhnen, die von dir abstammen, die du zeugen wirst, wird man einige nehmen und sie werden Eunuchen sein im Palast des Königs von Babel.“
Die Antwort von Hiskija auf diese niederschmetternden Aussichten war entweder ein Hinweis darauf, dass seine geistigen Fähigkeiten im Alter nachließen oder dass er ein manisch positiver Mensch war. Nachdem er sich das alles angehört hat, zog er jedenfalls den sehr eigenwilligen Schluss: „Frieden wird in meinen Tagen sein.“
(Fortsetzung folgt…)