In einer etwas überraschenden Wendung geht es nun nicht mehr um die Vernichtung (fast) allen menschlichen Lebens, sondern um die Bedrohung Jerusalems durch die Armee des Königs Sanherin von Assur. Offenbar hielt dieser es nicht für nötig, selbst an den Eroberungen teilzunehmen, und übergab diese Aufgabe an seinen Feldherren Lachisch. Jesaja beschrieb, wo der Feind seine Truppen aufstellte, und klang dabei fast so, als würde er Freunden den Ort einer Geburtstagsfeier mitteilen: „An der Wasserleitung des oberen Teiches, der an der Walkerfeldstraße liegt.“ Eigentlich fehlte nur noch, dass er die Hausnummer hinzufügte, aber auch so dürfte jeder gewusst haben, welchen Platz er meinte.

Offenbar sollte Lachisch Jerusalem nicht nur erobern, sondern davor die Israeliten möglichst auszudauernd kränken und beleidigen. Dabei nutzte er zum Teil eine etwas eigentümliche Sprechweise, etwa wenn er fragte: „Was ist das für ein Vertrauen, auf das du vertraut hast?“ Womit er sich umständlich auf Ägypten bezog, mit dem sich Juda verbündet hatte. Ein Bündnis, das Lachisch keineswegs beeindruckte, der vom „geknickten Schilfrohr“ Ägypten sprach und damit auch Recht hatte. Die Pharaonen hatten militärisch keine Chance gegen die Truppen aus Assur. Also blieb als zweiter Verbündeter der Israeliten nur der HERR und auch über diesen zog der Befehlshaber der Angreifer her.

Er ließ generell niemanden aus, denn sein Spott richtete sich ebenfalls gegen den König Hiskija von Juda und gegen die Soldaten auf den Mauern der Stadt, denen er unterstellte, sich von Kot und Urin zu ernähren. Trotzdem unterbreitete er ihnen ein Angebot zur Fahnenflucht. Wer mit ihm Frieden schließe, sei zu einem Fest eingeladen, wo Wein und Feigen aufgetischt würden, was sicherlich einen attraktiveren Speiseplan darstellte als Körperausscheidungen aller Art. In einer Anlehnung an die Redewendung des Landes, wo Milch und Honig fließen, sprach er nun von einem Land von Brot und Wein.

Letztlich sollte er sich mit seinen verbalen Entgleisungen aber nur selbst schaden, denn Hiskija ging in den Tempel Gottes und betete zu ihm, wobei er nicht unterwähnt ließ, was für Schmähungen der Angreifer ausgestoßen hatte. Auf gewisse Weise ähnelte dieses Gebet auch dem Petzen in der Hoffnung, dass sich das Ziel des Spotts wehrt und so sollte es tatsächlich kommen. Gott ließ König Hiskija über Jesaja mitteilen, dass er sich nicht fürchten müsse, da diese Beleidigungen gesühnt würden. Als dann auch der König von Assur persönliche weitere Gotteslästerungen in Briefform nach Jerusalem übersendete, war die Zeit gekommen, dass Gott einen Preis für all diese Beleidigungen verlangte. Es sollte ein sehr hoher werden, denn er schickte einen Engel in das Feldlager des Feindes, der vor Jerusalem lagerte, und ließ ihn nicht weniger als 185.000 Mann erschlagen – beziehungsweise die gesamte Armee. Der König floh nach Assyrien, als er davon erfuhr, zog sich in den Tempel seines Gottes zurück und wurde dort von seinen eigenen Söhnen getötet.

(Fortsetzung folgt…)