Gott ist enttäuscht und nutzt den Propheten Jesaja, um dies den Israeliten mitzuteilen. Damit gleich klar wird, dass es sich nicht um eine kurze Verstimmung handelt, werden Vergleiche bemüht, die jeden beunruhigen sollte. Gott schimpft auf die „Wortführer Sodoms“ und nennt sein auserwähltes Volk das „Volk von Gomorra!“ Beide Städte hatte er vernichtet, da sie jede Form von Unzucht trieben. Als zwei seiner Engel damals Sodom besuchten, bildete sich prompt ein Mob, der sie missbrauchen wollte. Mit solchen Taten und solchen Städten stellte der HERR die Israeliten nun auf eine Stufe. Die Lage war also ernst. Die Rauchopfer, die ihm noch gebracht wurden, verweigerte er und die religiösen Feste konnte er nicht mehr ertragen, wie er mitteilen ließ. „Wenn ihr auch noch so viel betet, / ich höre es nicht. / Eure Hände sind voller Blut“, schob er nach und gab den Ratschlag, „Hör auf, Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun!“

Auch für den Zustand Jerusalems fand er nur schlechte Worte, verglich die Stadt mit einer „Hure“ und ihre Monarchen mit einer „Bande von Dieben.“ Das sei auch deswegen bedauerlich, da am Ende aller Tage die Nationen der Welt zum Berg Zion pilgern werden. Offenbar machte Gott sich sorgen, dass dann all die Völker eine dreckige, korrupte und verkommene Stadt vorfinden und davon angewidert wären. Doch wie auch immer es in jenem zukünftigen Tag aussehen wird, am Ablauf der Ereignisse würde das alles nichts ändern: „Gott wird Recht schaffen zwischen den Nationen / und viele Völker zurechtweisen“, erklärte Jesaja, bevor er ein weltberühmtes Bibelzitat verwendete: „Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden.“ Kaum jemand weiß jedoch, dass das Zitat noch einen zweiten Teil hat, der im Schatten des berühmten ersten Teils verkümmert ist, aber auch tatsächlich weniger rhetorische Kraft entfaltet: „und ihre Lanzen zu Winzermessern.“

Lanzen zu Winzermessern

Gott ist zwar generell tief enttäuscht, hat aber auch eine Gruppe ausgemacht, der er eine besondere Schuld am moralischen und sittlichen Niedergang der Israeliten unterstellt: den israelitischen Frauen. So empört er sich durch sein Sprachrohr Jesaja darüber, dass die „Töchter Zions hochmütig sind, ihre Hälse recken und mit verführerischen Blicken daherkommen, immerzu trippelnd umherlaufen und mit ihren Fußspangen klirren“, weswegen er sie allesamt mit einer Glatze bestrafen will. Wobei das aber nur der Anfang ist. Hier folgt die vollständige Liste der Dinge, die der Herr den Israelitinnen nehmen möchte: Schmuck, Fußspanngen, Ohranhänger, Armkettchen, Schleier, Turbane, Fußkettchen, Prachtgürtel, Riechfläschchen, Amulette, Fingerringe, Nasenringe, Festkleider, Umhänge, Umschlagtücher, Täschchen, Spiegel, Schleier, Schals und Kopftücher. Eine lange und präzise Liste, die nebenbei auch zeigt, dass er bestens über die Moden und Eitelkeiten der Frauen im Bilde ist.

Es reichte ihm aber nicht, zu nehmen, er wollte auch unbedingt geben, und zwar in diesem Fall: „Statt Balsam wird Moder sein, / statt eines Gürtels ein Strick, statt kunstvoller Locken eine Glatze, statt eines Festkleides ein gegürteter Sack.“ Der Herr hatte sich tatsächlich eine grauenvolle Bestrafung überlegt. Auch die Männer hatte er übrigens bestraft, aber deutlich weniger subtil: „Deine Männer fallen durchs Schwert, / deine jungen Krieger im Kampf.“ Er fand für seine große Enttäuschung über die Israeliten auch ein Bild, in dem es um einen Weinberg geht, dessen Trauben allesamt faul sind. Es überrascht nun vermutlich nicht, dass für ihn diese faulen Trauben „das Haus Israel“ sind.

(Fortsetzung folgt…)