Der Weg Jesu nach Jerusalem

Das große Rätselraten um Jesus betraf nicht einmal seine Fähigkeiten als Heiler oder Prediger, sondern die Frage, wer er tatsächlich war. Offenbar herrschte unausgesprochen Einigkeit darüber, dass ihn niemand für einen gewöhnlichen Menschen hielt. Wobei die meisten Vermutungen dahin gingen, dass er Elija, Johannes der Täufer oder sonst einer der legendären Propheten sei oder eben – und das war die Vermutung der Priester – ein Verbündeter des Teufels und wenn nicht das, dann doch immerhin ein gefährlicher Betrüger.

Außerdem wird klar, dass die manchmal erstaunlich ruppige Art von Jesus (an einer Stelle beschimpfte er Petrus als Satan, nachdem dieser eine harmlose Bemerkung gemacht hatte) auch seine Jünger verunsicherte, die sich darum zum Teil nicht trauten, Nachfragen zu stellen. Weswegen es heißt: „Aber sie verstanden das Wort nicht, fürchteten sich jedoch, ihn zu fragen.“ Zumal sie mehrmals Situationen völlig anders einschätzten als Jesus. So bedrängten sie einen Mann, der im Namen Jesu Dämonen austrieb, ohne sich ihnen anschließen zu wollen. Erst als Jesus versicherte, dass das schon in Ordnung sei, ließen sie von ihm ab. Zu einer ganz ähnlichen Situation kam es, als die Jünger mehrere Kinder wegschickten, die zu Jesus wollten, woraufhin er erklärte: „Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht.“   

Diese beiden Ereignisse fehlen im Matthäus-Evangelium übrigens ebenso wie der kindische Streit der Jünger darüber, wer von ihnen „der Größte“ sei, und zum Konkurrenzdenken gehört, dem auch die Bitte von Jakobus und Johannes folgte, „in der kommenden Herrlichkeit“ links und rechts neben Jesus Platz nehmen zu dürfen. Bei Lukas setzen sich die Brüder übrigens selbst für ihre Interessen ein, die bei Matthäus noch von ihrer Mutter durchgesetzt werden. Jesus kann sich aber elegant mit dem Hinweis aus der Affäre ziehen, dass nicht er, sondern sein Vater für die künftige Sitzordnung verantwortlich sei.

(Fortsetzung folgte…)