Auch die Forderung der Vorfahren, dass man keine Meineide schwören soll, verschärft er, indem er verlangt, gar nicht mehr zu schwören. Aus „Auge für Auge und Zahn für Zahn“ wird die spektakuläre Umdeutung, dass anstelle von Vergeltung nun die „andere Wange“ hinzuhalten ist und aus dem Hass auf Feinde soll eine Feindesliebe werden.

„Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr davon erwarten?“, fragt er vom Berg hinab und bedient dann ein offenbar verbreitetes Vorurteil, indem er anfügt: „Tun das nicht auch die Zöllner?“ (Später speiste er demonstrativ mit Zöllnern, was den Verdacht entkräftet, er sei ein Treiber antizöllnerischer Stimmungen.)

Almosen sollen im Stillen gegeben und nicht zur Selbstwürdigung genutzt werden, das Vaterunser wird als erstes und wichtigstes Gebet etabliert und wer fastet, soll kein finsteres Gesicht machen. „Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören“, ruft er seinen Zuschauern zu. Jesus stellt außerdem klar: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“

Außerdem rät er allen, weniger sorgenvoll in die Zukunft zu blicken, auch wenn sie heute nicht wissen würden, was sie morgen essen sollen. Der Herr werde sich schon um alles kümmern – wobei sich so etwas leichter sagen lässt, wenn man es vierzig Tage und Nächte ohne Essen und Trinken in einer Wüste aushalten kann.

Zugleich mahnt er an, sich an Standards zu messen, die man selbst bei anderen anlegt. „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“

Zum Abschluss dieser historischen Rede, die recht naheliegend als Bergpredigt Berühmtheit erlangte, empfiehlt er noch jedem, ein Haus auf Felsen zu bauen und nicht auf Sand. Wobei er mit dem Felsen einen festen Glauben meinte, aber vermutlich dürfte dieser Hinweis auch für tatsächliche Baumeister sinnvoll sein.

Nach der Predigt stieg Jesus vom Berg hinab und es heißt: „Die Menge war voll Staunen über seine Lehre“. Allerdings folgten ihm auch weiterhin viele in der Hoffnung, von ihm geheilt zu werden. Insgesamt verbrachte er weiterhin viel mehr Zeit damit, Gebrechen zu lindern, als theologische Dispute zu führen, weswegen ein normaler Abend bei ihm so aussehen konnte: „Am Abend brachte man viele Besessene zu ihm. Er trieb mit seinem Wort die Geister aus und heilte alle Kranke.“

(Fortsetzung folgt…)